Der Holzapfel braucht Pflege

Wildapfel

Frau Proft, das Osterzgebirge gilt als „Holzäppelgebirge“. Was ist da dran?

Das Osterzgebirge ist eines der Gebiete in Deutschland, wo der Wildapfel, den man hier auch Holzapfel nennt, noch am meisten vorkommt. So gesehen trifft die Bezeichnung durchaus zu. Der Holzapfel ist die einzige in Mitteleuropa einheimische Apfelart und in seiner Existenz gefährdet.

Nun ist nicht jeder saure Apfel gleich ein Wildapfel. Woran erkennt man die ?

Sie haben kleine Früchte, vielleicht bis zu drei Zentimeter groß. Die sind meistens grün, manchmal gelblich und schmecken sehr sauer. Wir gucken auch auf die Behaarung von Trieben und Blättern. Auch das ist ein Merkmal der Echtheit.

Wofür werden die Wildäpfel genutzt?

Früher hat man sie als Viehfutter verwendet. Die Menschen haben Heiltee daraus gekocht, um Fieber zu senken. Manche sammeln die Früchte heute noch, weil sie den herben Tee schätzen.

Hat der Wildapfel damit wirtschaftliche Bedeutung?

Er ist eine bedeutende Genressource für die Züchtung von Kulturäpfeln. Der Wildapfel wird vom Mehltau nicht befallen. Das ist eine wichtige Eigenschaft für die Zucht. Er kann die Grundlage für neue resistente Sorten werden. Außerdem spielt er für die Ökologie eine Rolle. Er dient als Nische für viele Kleinlebewesen und Vögel, außerdem als Bienenweide und Nahrung für Wild und Vögel.

Warum droht selbst im „Holzäppelgebirge“ das Aussterben?

Das hat mehrere Gründe. Bei der Bereinigung von Feldrainen wurden sie oft weggeschnitten. Manchmal fallen Wildapfelbäume durch Unwissenheit auch bei der Steinrückenpflege. In den letzten Jahrzehnten ist der Lebensraum durch die Intensivierung der Landwirtschaft eingeschränkt worden. Das ist auch eine ganz aktuelle Gefahr. Wegen der Anpassung an Fördervoraussetzungen müssen die Landwirte ihre Flächengrößen erhalten und Bäume, die am Rand wachsen, zurückschneiden. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass sich Kulturäpfel und Wildäpfel kreuzen. Dann entsteht eine Mischung, die aber nicht mehr unbedingt die wertvollen Eigenschaften des Wildapfels besitzt. Deren Früchte sind dann größer und rot gestreift.

Wie retten Sie die Holzäpfel?

Der erste Schritt ist, die vorhandenen Bäume zu erfassen. Wir durchkämmen dafür das Projektgebiet im Müglitztal zwischen Schlottwitz und der Grenze, um die Bäume zu erfassen. Die Bäume werden kartiert und der Standort mit GPS vermessen. Alle Merkmale erfassen wir in einer Datenbank. Blattteile von 300 Bäumen untersucht das Institut für Obstzüchtung in Dresden-Pillnitz molekularbiologisch hinsichtlich der Echtheit.

Wie geht es dann weiter?

Zum einen wollen wir die vorhandenen Wildapfelstandorte pflegen und erhalten. Dafür sprechen wir uns mit den Eigentümern ab. Es passiert nichts, ohne dass diese einverstanden sind.

Reicht das aus?

Nein. Daher werden in Pillnitz ausgewählte Mutterbäume bestäubt und daraus junge Wildäpfel in der Baumschule des Sachsenforsts in Graupa gezogen. Davon werden welche im Projektgebiet gepflanzt. Die meisten kommen aber in zwei Samenplantagen, für die der Forst in Hirschsprung und Klingenberg Flächen und Gelder bereitstellt.

Warum Plantagen?

Jetzt stehen die meisten Wildapfelbäume sehr verstreut. Gerade in der Nähe von Orten ist es wahrscheinlich, dass sie sich mit Kulturäpfeln vermischen. In einer Plantage bestehen optimale Voraussetzungen für Untersuchungen oder auch die Ernte.

Wer hilft bei dem Projekt?

Wir sind zwei Mitarbeiter auf 1,5Stellen und bekommen Unterstützung von mehreren ehrenamtlichen Helfern. Aber auch Bürger können uns helfen, indem sie uns zum Beispiel mitteilen, wo Wildapfelbäume stehen unter 03504/618585. Wir bitten auch um Verständnis für unsere Kartierungsarbeiten und dass die Markierungen, die wir an den Bäumen anbringen, nicht entfernt werden. Die zwei wichtigsten Partner sind der Sachsenforst und das Institut für Obstzüchtung in Pillnitz. Wir als Verein könnten das nicht alleine bewältigen.

Wie lange läuft das Projekt?

Wir haben für die nächsten drei Jahre umfangreiche Kartierungsarbeiten vorgesehen.

Gespräch: Franz Herz, Sächsische Zeitung 11. 06. 2007